Šumava – ein grenzüberschreitendes Loipenabenteuer in Böhmerwald

Von Chris

Šumava ist der tschechische Name für den Böhmerwald. Diese sanfte Berglandschaft erstreckt sich über eine Länge von 120 Kilometern, sie ist 50 Kilometer breit. Der Nationalpark Sumava bietet seinen Besuchern einen Hauch echter Wildnis – ganz ohne Ski-Lifte, Bundestraßen, Handyempfang und Luxus SPA Hotels. Zumindest scheint es so von den ewig langen Loipen, wo Weite, Natur und Aussicht vorherrschen.

Sobald du dich entschieden hast hier einzutreten, kommst du vielleicht erst nach 20 Kilometern auf der anderen Seite des Waldes wieder in der Zivilisation raus. Dazwischen wirst du von abwechslungsreichen Landschaften und Geländeformen verzaubert.

Tourenverlauf: Bayrisch Eisenstein – Prasily – Modrava – Mauth

1. Etappe: Bayrisch Eisenstein – Prasily

Nachdem sich die Lage nach massivem Schneefall und Schneebruch beruhigt hatte, starteten wir unsere Mehrtagestour in Bayerisch-Eisenstein. Auf der gegenüberliegenden Seite des Bahnhofs, wo ich mein Auto kostenfrei an einer vom Schnee freigeräumten Ecke parken konnte, führte uns die Loipe an den Waldrand, dann sofort über die Grenze und nach nur etwa zwei Kilometern zu einer ersten Verzweigung. Links könnte man nach Zelezna Ruda abbiegen. Oder, man nimmt wie wir, die Loipe geradeaus, wo mit einem großen Schild der Eingang in den Sumava Nationalpark angezeigt ist.

Ein Blick auf meine Offline-Karte, die ich schon vor der Reise sorgfältig vorbereitet hatte … und wir folgten dem Weg in den Nationalpark hinein, stiegen auf breiten, ungeräumten Forstwegen immer höher hinauf. Normalerweise wird auch hier hin und wieder gespurt, aber die aktuellen Massen an Schnee ließen die Einheimischen kaum mit dem Aufräumen im Dorf hinterher kommen. Links und rechts war viel Schneebruch, die Fichten ließen ihre Äste unter der weißen Last wie einen schweren Vorhang runterhängen. Immer wieder lagen Bäume quer über dem Weg und machten es uns schwer, den ungespurten Weg hochzuarbeiten. Als wir den Sattel Pod Polomem auf etwa 1.200m erreichten, hatten wir einen fantastischen Blick mit Sonne, kaltem Wind und kunstvoll schneebedecktem Totholz. Ein Blick auf die Uhr mahnte uns, dass der Abend bald einbricht, so eilten wir auf der anderen Seite des Berges hinunter. Sechs Abfahrtskilometer erwarteten uns. Und dann war die Loipe auch bald Eins A hergerichtet. Gespurt! Endlich! Yessssss! – So ein Luxus! Vor der Dämmerung trudelten wir im verschlafenen Dorf Prasily ein.

Crossroads  Foto: KulturNatur.de

2. Etappe : Prasily – Modrava

Bei minus 17°c starteten wir am nächsten Morgen nach einem reichhaltigen Frühstück. Auf dem Weg aus dem Dorf kamen wir noch an einem Bisongehege vorbei. Den Tieren schien die Witterung rein gar nichts auszumachen, stoisch trotzten sie der Kälte.

Wir passierten verschiedene Waldabschnitte, wo das Gehen abseits der Loipe – aus gutem Grund – strengstens verboten war.

Wenig später wurde es immer steiler und karger. Immer wieder luden außergewöhnliche Ausblicke auf die von Borkenkäfern zerfressenen Bäume zu einem Verschnaufmoment ein, bevor wir dann auch eine etwas ausgiebigere, sonnige Rast auf der Jerzenice-Kreuzung auf knapp 1.300m einlegten. Rechts ging es weiter zum Polednik und links ging es wieder abwärts Richtung Srni. Unser Ursprungsplan, über den Oblik zu laufen, hatte sich erübrigt als wir die geschlossene Schneedecke sahen, die höher war als die Brückenbrüstung. So machten wir uns mit leichten Umwegen über die kupierten, schneebedeckten Moorwiesen nach Modrava. Kurz nach Sonnenuntergang erreichten wir erschöpft das auf uns fast schon quirlig erscheinende Örtchen Modrava mit seinen 75 Einwohnern. Diverse Restaurants, urige Kneipen und Cafés geben Hinweis darauf, dass hier ein beliebter Ausgangspunkt fürs Langlaufen ist. Ich war unendlich froh, meine müden Armen und Beine unter der heiße Dusche etwas entspannen zu können. Doch bei klirrender Kälte mussten wir nochmal unsere Unterkunft verlassen, um unseren Hunger zu stillen und unseren Durst zu löschen. Es half nur: warm anziehen und raus!

3. Etappe: Modrava – Mauth

Ich traute meine Augen nicht, als ich morgens einen Blick auf das Außenthermometer warf. Minus 22° Celsius! Das überleben wir sicher nicht! Ich zog meine dicke Daunenjacke an, die ich für genau solche Fälle eingepackt hatte – ein kleiner Unfall kann bei solchen Bedingungen schließlich schnell zum Verhängnis werden – und schnallte meinem Rucksack auf, der mich sechs Kilogramm schwere machte.

Wir fanden nicht auf Anhieb den Einstieg in die richtige Loipe. Alle Schilder waren unter Massen von Schnee begraben! Plötzlich tauchte eine riesige Gruppe jugendlicher Langläufer auf und wies uns den richtigen Weg.

Die abwechslungsreiche Loipe führte uns wieder in einen dichten, verschneiten Fichtenwald – kreuz und quer, und immer leicht ansteigend. Kurz bevor wir den Černá Hora auf 1272m erreichten, blies der Wind auch noch so stark, dass ich kurz dachte meine Nase zu verlieren. Schnell noch ein gemeinsames Bild am Wegweiser auf der Kuppe und dann … einigermaßen steil abwärts ins Tal. Was ich nicht (mehr aus der Planung) wusste: ein zweiter Berg wartete still und heimlich auf uns.

In Bučina angekommen, vergaß ich kurz die Anstrengungen der letzten Stunde. Die Loipe zieht unmittelbar am ehemaligen Grenzübergang vorbei. Hier stand ein Überbleibsel des Eisernen Vorhangs: Stacheldrahtzäune, Hochspannungsleitungen und Hindernisse, die einst von Minen umgeben waren, sahen recht gruselig und einschüchternd aus. Was für ein Gegensatz zu all der wunderschönen und friedlichen Landschaft der letzten Tage.

Für die letzten Kilometer verließen wir die Sumava-Magistrale, wechselten zurück auf die deutsche Seite und endeten in Finsterau, wo wir auf den letzten Skibus des Tages warteten. Mit der Waldbahn ging es zurück zum Ausgangspunkt in Bayerisch-Eisenstein.

Mission accomplished!

Wow. – Drei Tage und so viele tolle Erlebnisse. Auch die nächste Etappe wird sicher nicht lange auf sich warten lassen. Vielen Dank an meine Freundin Nadine für die tolle Begleitung. Ihre Erlebnisse kann man zZ in Print und Digital hier nachlesen (Bergwärts unterwegs 2)

Fazit

Die Tour ist hervorragend für ausdauernde Langläufer mit sehr guter Kondition geeignet, die gerne ein paar Höhenmeter am Tag sammeln. Da das Loipennetz sowohl auf der deutschen wie auch auf der tschechischen Seite sehr gut ausgebaut ist, kann man auch z.B. die Berge in einem großen Bogen umlaufen. Tagesausflüge sind von den jeweiligen Langlaufzentren wie z.B. Bayrisch-Eisenstein, Zelezna Ruda oder Finsterau möglich.

Die wirkliche Herausforderung dieser Tour beginnt bei der Planung: erst wäre da die Sprachbarriere und zweitens die recht dürftigen Infos im Netz, die für eine Recherche vorab bei so einer Tour notwendig sind. Mich überrascht es, denn Langlauf ist in Tschechien Volkssport. Vielleicht muss ich einfach klassisch denken und das Telefon benutzen. Die Touristenbüros der jeweiligen Gemeinden (DE/CZ) geben hier jedenfalls Auskunft – und sie können die aktuellen Zustände zumindest über ihre jeweils eigenen Loipen geben.

Die Loipen sind zum Teil für beide Stile geeignet, wobei eine Skiwanderung mit Rucksack und 500 Höhenmeter Anstieg für Skater nicht unbedingt attraktiv ist. Die Ausrüstung entspricht der einer (winterlichen) Fernwanderung in den Bergen. Proviant und warme Getränke sollten immer dabei sein. Unsere Strecke hatte unterwegs keinerlei Einkehrmöglichkeiten.

Loipen Daten

STRECKE:5.2 und 4.5 km
SCHWIERIGKEIT:leicht
REGION:Frankenwald – Oberfranken
HÖHENLAGE:568 m
LANGLAUFTECHNIK: Klassisch / Skating
AUFSTIEGE:ca. 45 hm und 89 hm
EINKEHR- & RASTMÖGLICHKEIT:
LOIPENGEBÜHR:keine / Spendenmöglichkeit am Ausgangspunkt
SKIVERLEIH:
PARKGEBÜHR:keine
BESONDERES:

Anfahrt:

Ausgangspunkt: Bahnhof Bayrisch Eisenstein

Mit dem Auto von:
München: 197 km
Nürnberg: 232 km
Bayreuth: 204 km

Mit der Deutsche Bahn – bis Plattling und weiter mit der Waldbahn nach Bayerisch Eisenstein. Die Loipe beginnt am Waldstück hinter der Bahnhof.

Nützliche Links:

Weitere Loipen in der Nähe:

  • Langlaufzentrum Bayerisch Eisenstein
  • Modrava Langlaufzentrum
  • Langlaufzentrum Spicak
  • Bretterschachen
  • Loipe Hohenzollern

Tourenverlauf:

Loipe nachlaufen (GPX Datei): Bayr. Eisenstein – CZE – Finsterau

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